Taufe

Die Taufe ist ein in allen christlichen Kirchen praktiziertes Ritual, das verschiedene theologische Deutungsaspekte in sich vereint. In den konfessionellen Traditionen werden verschiedene dieser Aspekte unterschiedlich betont. Vor allem die unterschiedliche Praxis im Hinblick auf die Taufe von Kleinkindern – aber nicht nur – führen zu Problemen hinsichtlich der gegenseitigen Anerkennung der Taufe. Im ökumenischen Dialog sind bisher mehrere Vorschläge gemacht worden, um diese zu lösen.

Inhaltsverzeichnis

    Anmerkung der Redaktion
    Eine Version dieses Artikel wurde in der St Andrews Encyclopedia of Theology erstveröffentlicht. Für die vorliegende Publikation wurde der Artikel gekürzt und bearbeitet: Heller, Dagmar, Art. Baptism, in: St Andrews Encyclopaedia of Theology, 14.12.2023 (https://www.saet.ac.uk/Christianity/Baptism).

    Einleitung

    Die Taufe ist ein Ritual, das – mit ganz wenigen Ausnahmen – in allen christlichen Kirchen und Gemeinschaften praktiziert wird. Die beiden bestimmenden Bestandteile dafür sind das Eintauchen in oder Übergießen mit Wasser und eine Taufformel. Nach dem neutestamentlichen Zeugnis wurde entweder auf den Namen Jesu Christi (Apg 2,38Petrus sprach zu ihnen: Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, so werdet ihr empfangen die Gabe des Heiligen Geistes.Zur Bibelstelle; Apg 8,16Denn er war noch auf keinen von ihnen gefallen, sondern sie waren allein getauft auf den Namen des Herrn Jesus.Zur Bibelstelle) getauft oder aber „im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (Mt 28,18–20[18] Und Jesus trat herzu, redete mit ihnen und sprach: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. [19] Darum gehet hin und lehret alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes [20] und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.Zur Bibelstelle), was sich dann mehrheitlich durchsetzte.

    Ursprünglich wurde die Taufe an Erwachsenen durchgeführt, aber offenbar wurden auch schon früh Kinder getauft. Als das Christentum im Römischen Reich Staatskirche wurde, setzte sich die Säuglingstaufe durch, ohne dass die Erwachsenentaufe abgeschafft worden wäre. Mit dem Entstehen der Täuferbewegung im 16. Jahrhundert und deren Ablehnung der Säuglingstaufe stehen in der Gesamtchristenheit zwei Taufpraktiken einander gegenüber. Grund dafür sind unterschiedliche Auffassungen von der theologischen Bedeutung der Taufe bzw. unterschiedliche Betonungen verschiedener Aspekte dieser Bedeutung.

    1. Die Bedeutung der Taufe

    Wie sich im Neuen Testament und in der Geschichte der Taufe andeutet, hat die theologische Deutung dieses Rituals mehrere Aspekte, die in den verschiedenen Kirchen und konfessionellen Traditionen unterschiedlich betont werden.   

    Weiterführende Infos WiReLex

    Berichte von Taufen und theologische Deutungen dieses Ritus finden sich schon im Neuen Testament:
    Vgl. Beetschen, Franziska, Art. Taufe/Taufkatechese, in: WiReLex (https://bibelwissenschaft.de/stichwort/201122/), abgerufen am 30.01.2025.

    1.1. Sakrament oder Anordnung

    In den Kirchen, die die Kindertaufe praktizieren, wird die Taufe zusammen mit anderen rituellen Handlungen als „Sakrament“ (in den orthodoxen Kirchen „Mysterien“ genannt) verstanden, während Kirchen, die die Kindertaufe ablehnen, meist den Oberbegriff „Anordnung“ verwenden. Darin deutet sich ein grundlegender Unterschied auch im Verständnis der Taufe an: Als „Sakrament“ verstanden hat die Taufe wesensmäßig eine Wirkung: sie vermittelt die Gnade Gottes. Mit der Bezeichnung „Anordnung“ steht die Durchführung der Taufe auf Anweisung Jesu Christi im Vordergrund.1Vgl. Miller, Marlin E., The Mennonites, in: Strege, Merle D. (Hrsg.), Baptism and Church. A Believers‘ Church Vision. Grand Rapids 1986, 15–28, 18.

    1.2. Taufe als Initiation

    In den meisten Kirchen wird die Taufe als Geschehen verstanden, das den Anfang eines lebenslangen Prozesses markiert. Daher wird in manchen Traditionen dafür der Oberbegriff „Initiation“ verwendet. So wird zum Ausdruck gebracht, dass die Taufe einerseits kirchenrechtlich die Mitgliedschaft in der Kirche begründet, – vor allem in den Kirchen, die die Kindertaufe praktizieren. Gleichzeitig geht es andererseits – geistlich gesehen – um die Eingliederung in die Kirche als den Leib Christi. Dazu gehören seit der Zeit der Alten Kirche drei Sakramente, nämlich Taufe, Firmung und Abendmahl. Am deutlichsten haben dies die orthodoxen Kirchen bewahrt, bei denen auf die Wassertaufe direkt die Firmung (Chrisamsalbung oder Myronsalbung) folgt und spätestens am darauffolgenden Sonntag die erste Kommunion. Auch in der römisch-katholischen Kirche gehören diese drei Sakramente theologisch zusammen und bilden die Initiationsakramente,2Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche (KKK), 2000,  (https://www.vatican.va/archive/DEU0035/__P3V.HTM), abgerufen am 06.05.2024, No. 1285. sind aber zeitlich auseinander gezogen:3Vgl. Heller, Dagmar, Baptized into Christ. A Guide to the Ecumenical Discussion on Baptism, Geneva 2012, 15f. Die Wassertaufe wird im Normalfall Säuglingen gespendet, die erste Teilnahme an der Eucharistie geschieht nach einer Vorbereitungszeit im Alter von circa 9 Jahren, während die Firmung erst im Jugendlichenalter gespendet wird. Mit der Reformation entfiel die Firmung als Sakrament, hingegen wurde die Konfirmation als nicht sakramental verstandene Segnung zur Bestätigung der Taufe eingeführt. Damit wurde in den reformatorischen Kirchen die Taufe zum alleinigen Sakrament der Eingliederung in den Leib Christi.

    1.3. Taufe als Handeln Gottes und als Handeln von Menschen

    Zum einen ist die Taufe ein Handeln Gottes an Menschen und gleichzeitig ein Handeln von Menschen.   

    Da die Kirche als Leib Christi verstanden wird, ist die Taufe der Beginn oder die Besiegelung der Zugehörigkeit zu Christus. Diese Eingliederung in den Leib Christi hat einen passiven und einen aktiven Aspekt auf der Seite des Täuflings: Er/sie empfängt die Taufe und wird damit passiv in den Leib Christi eingegliedert, gleichzeitig gehört dazu eine aktive Entscheidung der zu Taufenden, sich taufen zu lassen. Zum passiven Teil gehört die Waschung bzw. die Sündenvergebung, zum aktiven Teil gehört das aus der Taufe resultierende Leben auf der Grundlage christlicher Werte. Zum passiven Teil gehört der Empfang des Heiligen Geistes, zum aktiven Teil gehört das Abschwören dem Teufel gegenüber. Zum passiven Teil gehört ebenso das Geschenk des Glaubens, zum aktiven Teil das Bekenntnis des Glaubens.  

    1.4. Taufe als lebenslanger Prozess

    Als Eingliederung in den Leib Christi ist die Taufe gleichzeitig eine Eingliederung in die sichtbare Gemeinschaft der Kirche und “weist … ein in die Bewährung des Christseins in den Situationen des Lebensalltags.4Kühn, Ulrich‚ Art. Taufe VII. Dogmatisch und ethisch, in: TRE 32 (2001), 720–734, 732. Dazu gehört einerseits ein lebenslanges Wachsen in die Grundlagen des Glaubens wie auch eine lebenslange Verantwortung, auf der Grundlage des Glaubens zu handeln. Martin Luther oes-gnd-iconwaiting... nennt die Taufe den Beginn eines täglichen Todes und Auferstehung, was erst mit dem irdischen Tod ein Ende findet.5Vgl. Luthers Kleiner Katechismus IV.4. Die christliche Tradition hatte immer ein Bewusstsein davon, dass die Taufe eine grundlegende Bedeutung für die christliche Ethik hat. Dies wurde durch Karl Barth oes-gnd-iconwaiting... neu hervorgehoben.6Vgl. Barth, KD IV/4.

    1.5. Die theologische Bedeutung der Taufe in den verschiedenen Konfessionen

    Weitgehend unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt in ihrer biographischen Entwicklung eine Person getauft wird, werden die im Neuen Testament angedeuteten theologischen Grunddeutungen der Taufe in den verschiedenen Konfessionen unterschiedlich hervorgehoben.

    In der orthodoxen Tradition wird die Taufe als Sterben und Auferstehen mit Christus betont7Vgl. Schmemann, Alexander, Of Water and the Spirit, Crestwood 1974, 8ff. und 18. und damit der Aspekt des Neu-Geborenwerdens. Als Übergang in ein neues Leben ist die Taufe die Eingliederung in das Volk Gottes:

    „Die Taufe […] ist sowohl das Geschenk neuen Lebens im Geist, die Quelle trinitarischer Gnade als auch der Eingang in die Kirche, wo das Sakrament der Initiation vollendet wird.“8Schmemann, Water, 8 (Übers. DH).

    Die Taufe ist in der orthodoxen Auffassung notwendig für die Erlösung. Die orthodoxe Tradition betont das „Leben in Christus“, d. h. das Wachsen im Glauben und die Bewährung im Glauben. Die Taufe ist daher der Beginn eines Prozesses, in welchem die verlorene Ähnlichkeit mit Gott (vgl. Gen 1[1] Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. [2] Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis lag auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser.[3] Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. [4] Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis [5] und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag.[6] Und Gott sprach: Es werde eine Feste zwischen den Wassern, die da scheide zwischen den Wassern. [7] Da machte Gott die Feste und schied das Wasser unter der Feste von dem Wasser über der Feste. Und es geschah so. [8] Und Gott nannte die Feste Himmel. Da ward aus Abend und Morgen der zweite Tag.[9] Und Gott sprach: Es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an einem Ort, dass man das Trockene sehe. Und es geschah so. [10] Und Gott nannte das Trockene Erde, und die Sammlung der Wasser nannte er Meer. Und Gott sah, dass es gut war. [11] Und Gott sprach: Es lasse die Erde aufgehen Gras und Kraut, das Samen bringe, und fruchtbare Bäume, die ein jeder nach seiner Art Früchte tragen, in denen ihr Same ist auf der Erde. Und es geschah so. [12] Und die Erde ließ aufgehen Gras und Kraut, das Samen bringt, ein jedes nach seiner Art, und Bäume, die da Früchte tragen, in denen ihr Same ist, ein jeder nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war. [13] Da ward aus Abend und Morgen der dritte Tag.[14] Und Gott sprach: Es werden Lichter an der Feste des Himmels, die da scheiden Tag und Nacht. Sie seien Zeichen für Zeiten, Tage und Jahre [15] und seien Lichter an der Feste des Himmels, dass sie scheinen auf die Erde. Und es geschah so. [16] Und Gott machte zwei große Lichter: ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch die Sterne. [17] Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, dass sie schienen auf die Erde [18] und den Tag und die Nacht regierten und schieden Licht und Finsternis. Und Gott sah, dass es gut war. [19] Da ward aus Abend und Morgen der vierte Tag.[20] Und Gott sprach: Es wimmle das Wasser von lebendigem Getier, und Vögel sollen fliegen auf Erden unter der Feste des Himmels. [21] Und Gott schuf große Seeungeheuer und alles Getier, das da lebt und webt, davon das Wasser wimmelt, ein jedes nach seiner Art, und alle gefiederten Vögel, einen jeden nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war. [22] Und Gott segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und mehret euch und erfüllet das Wasser im Meer, und die Vögel sollen sich mehren auf Erden. [23] Da ward aus Abend und Morgen der fünfte Tag.[24] Und Gott sprach: Die Erde bringe hervor lebendiges Getier, ein jedes nach seiner Art: Vieh, Gewürm und Tiere des Feldes, ein jedes nach seiner Art. Und es geschah so. [25] Und Gott machte die Tiere des Feldes, ein jedes nach seiner Art, und das Vieh nach seiner Art und alles Gewürm des Erdbodens nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war.[26] Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. [27] Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau. [28] Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht. [29] Und Gott sprach: Sehet da, ich habe euch gegeben alle Pflanzen, die Samen bringen, auf der ganzen Erde, und alle Bäume mit Früchten, die Samen bringen, zu eurer Speise. [30] Aber allen Tieren auf Erden und allen Vögeln unter dem Himmel und allem Gewürm, das auf Erden lebt, habe ich alles grüne Kraut zur Nahrung gegeben. Und es geschah so. [31] Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut. Da ward aus Abend und Morgen der sechste Tag.Zur Bibelstelle) im getauften Menschen wieder hergestellt wird (Theosis).

    In der römisch-katholischen Theologie wird die Taufe verstanden als „das Eingangstor zum Leben im Geiste“ und ist damit „die Grundlage des ganzen christlichen Lebens“.9KKK, No. 1213. Sie wäscht die Erbsünde ab und ist daher heilsnotwendig. Der Täufling wird zu einer „‚neuen Schöpfung“, zu einem „Adoptivsohn Gottes“, der „‚an der göttlichen Natur Anteil‘“ hat. Er oder sie wird „Miterbe mit Christus“ und ein „Tempel des Heiligen Geistes“.10KKK, No.1265. In der neueren katholischen Theologie wird vor allem der Gedanke der Eingliederung in den Leib Christi hervorgehoben.11Vgl. Rahner, Karl, Grundkurs des Glaubens, Freiburg 1976, 400. Gleichzeitig ist die Taufe – laut dem 2. Vatikanischen Konzil – Teilhabe am Priestertum Christi und damit die Voraussetzung für die Teilhabe an der Mission der Kirche.12Vgl. Dogmatische Konstitution Lumen Gentium über die Kirche, 2. Vatikanisches Konzil, 1964, (https://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_const_19641121_lumen-gentium_ge.html), abgerufen am 06.05.2024, Art. 33. Die Effekte der Taufe sind die Reinigung von Sünden und eine neue Geburt im Heiligen Geist.13KKK, No. 1262.

    Die altkatholische Kirche folgt im Allgemeinen dem römisch-katholischen Verständnis der Taufe.

    Die lutherische Theologie hebt drei Bedeutungen der Taufe hervor: a) „Übereignung an den gekreuzigten und auferstandenen Christus“, b) „Hineingabe in Jesu Tod und Auferstehung“ und c) „Gabe des neuen Lebens und Mahnung, im neuen Leben zu wandeln“.14Schlink, Edmund, Die Lehre von der Taufe, Göttingen 22007, 39–50. Die Taufe ist Aufnahme in die Kirche und Eingliederung in das Volk Gottes. Auch hier wird die Taufe als notwendig für die Erlangung des Heils verstanden.15Vgl. Confessio Augustana Art. II. Die Taufe ist der Beginn eines lebenslangen Prozesses. Sie muss im Glauben ergriffen werden, ansonsten bleibt sie unvollständig.16Vgl. Luther, Martin, Großer Katechismus, IV. Die Taufe, (http://www.sola-gratia-verlag.de/Sola-Gratia-Verlag.009-03-21.pdf), abgerufen am 06.05.2024, Drittens.

    In der Theologie der Reformierten Kirchen wird die Taufe parallel zur Beschneidung im Alten Testament verstanden als Zeichen der Aufnahme in das Volk Gottes. Sie ist ein äußerliches Zeichen für die Reinwaschung von den Sünden17Vgl. Heidelberger Katechismus, (https://www.ekd.de/Heidelberger-Katechismus-Der-zweite-Teil-13502.htm), abgerufen am 06.05.2024, Frage 69.  und ist auch ein objektives Zeichen der Mitgliedschaft in der christlichen Gemeinschaft, das seine Erfüllung in Gottes Segen und seinen Verheißungen findet.18Vgl. Calvin, Institutiones IV, 15.1. Die Taufe bestätigt ein inneres Geschehen. Damit dient sie vor allem der Erinnerung und Bestärkung des Menschen in seinem Glauben an die Verheißung der Reinwaschung von Sünden.

    In der anglikanischen Tradition wird die Taufe als Zeichen der Neu-Geburt verstanden, durch welches die Täuflinge in die Kirche eingegliedert werden und durch welches die Verheißungen der Vergebung der Sünden und der Kindschaft Gottes sichtbar bezeichnet und besiegelt werden.19Vgl. Articles of Religion (Thirty-nine Articles), (http://anglicansonline.org/basics/thirty-nine_articles.html), abgerufen am 06.05.2024, 27.

    In den methodistischen Kirchen besteht eine gewisse Unklarheit darüber, was die Taufe wirklich „tut“ und wie die Taufe in ihrem Verhältnis zur Fülle des christlichen Lebens zu verstehen ist.20Vgl. Westerfield Tucker, Karen B., The Initiatory Rites of the United Methodist Church, in: Best, Thomas F. (Hrsg.), Baptism Today. Understanding Practice, Ecumenical Implications (Faith and Order Paper 207), Geneva/Collegeville 2008, 99–107, 101. Auch: Felton, Gayle Carlton, The Gift of Water. The Practice and Theology of Baptism among Methodists in America, Nashville 1992, 48. Für John Wesley oes-gnd-iconwaiting... war die Taufe nicht einfach eine Wiedergeburt, sondern ein Ruf zu Buße und Heiligung.21Vgl. By Water and the Spirit. A United Methodist Understanding of Baptism. A Report of the Baptism StudyCommittee, 2016 (https://www.umc.org/en/content/by-water-and-the-spirit-a-united-methodist-understanding-of-baptism), abgerufen am 06.05.2024. Außerdem ist sie in Wesleys Verständnis nicht heilsnotwendig.

    Auch im mennonitischen Verständnis der Taufe geht es um den Eintritt in die Kirche. Dabei liegt die Betonung auf der Taufe „als sichtbares Zeugnis für den Glauben und als Zeichen des Gehorsams“.22Miller, Mennonites, 18. Die Taufe ist die öffentliche Kundgebung der Antwort auf den Glauben, der durch die Lehre (Katechese) entstanden ist. Nach Menno Simons oes-gnd-iconwaiting... folgt die Taufe auf die Wiedergeburt, d.h. Wiedergeburt geschieht durch den Glauben an das Wort Gottes, nicht aber durch die Taufe.23Vgl. Menno Simons, Christian Baptism, 1539, in: Wenger, John C. (Hrsg.), Complete Writings of Menno Simons, Scottdale 1974, 227ff.

    Bei den Baptisten findet man ein zweifaches Verständnis der Taufe. Das eine folgt einem eher „sakramentalen“ Verständnis der Taufe als Ritus, durch welchen Gott die Gläubigen als seine Kinder annimmt, das andere betont die Taufe als „Zeugnis von dem, was die Gnade Gottes bereits in der Erfahrung der Getauften vollbracht hat“.24Fiddes, Paul, The Baptism of Believers, in: Best, Thomas F. (Hrsg.), Baptism Today. Understanding Practice, Ecumenical Implications (Faith and Order Paper 207), Geneva/Collegeville 2008, 73–80, 76 (Übers. DH). Vgl. auch: Swarat, Uwe (Hrsg.), Wer glaubt und getauft wird … Texte zum Taufverständnis im deutschen Baptismus, Kassel 2010. Nicht die Taufe, sondern nur der Glaube wird als heilsnotwendig betrachtet.

    In den meisten Pfingstkirchen wird die Wassertaufe als öffentliches Zeugnis der Identifikation mit Christus, mit seiner universalen Kirche und einer örtlichen Versammlung von Gläubigen gesehen.25Vgl. Albrecht, Daniel, Witness in the Waters. Baptism and Pentecostal Spirituality, in: Best, Thomas F. (Hrsg.), Baptism Today. Understanding Practice, Ecumenical Implications (Faith and Order Paper No. 207), Geneva/Collegeville 2008, 147–168, 148. Hier wird unterschieden zwischen der Geisttaufe und der Wassertaufe. Wichtiger ist jedoch in der klassischen Pfingstbewegung die Geistbegabung in der Wiedergeburt einer Person. Erst danach, d. h. zu einem Zeitpunkt, wenn er oder sie fähig ist, den Glauben zu bekennen, wird die Wassertaufe gefeiert als ein Ritus, in dem öffentlich Zeugnis von der Gnade Gottes abgelegt wird,26Vgl. Albrecht, Witness, 148. d. h. zu einer Zeit, wenn er oder sie fähig ist, den Glauben zu bekennen. Es gibt allerdings auch einige Pfingstkirchen, die die Kindertaufe praktizieren.27Vgl. Albrecht, Witness, 158. Die Wassertaufe in den Pfingstkirchen wird im Kontext einer Gemeinde durchgeführt, während die Geisttaufe, die nach Auffassung der meisten Pfingstkirchen im längeren Prozess der Heiligung stattfindet, eine persönliche Erfahrung ist. Die Taufe mit Wasser ist für die Pfingstkirchen nicht zentral, obwohl sie in vielen Pfingstkirchen die Voraussetzung für die Teilnahme am Abendmahl ist.

    2. Die Taufe in der ökumenischen Diskussion

    Die ökumenische theologische Debatte spielt sich sowohl auf der multilateralen als auch auf verschiedenen bilateralen Ebenen ab. Obwohl die Taufe oft als „Sakrament der Einheit“ bezeichnet wird, ist sie in ihrer Definition und in ihrer Praxis immer noch ein trennender Faktor zwischen Kirchen.

    2.1. Die theologischen Hindernisse einer gegenseitigen Anerkennung der Taufe

    Die grundsätzliche Frage in der ökumenischen Diskussion ist diejenige nach der gegenseitigen Anerkennung der Taufe. Im praktischen Zusammenleben der Kirchen wird diese Frage vor allem dann relevant, wenn Gläubige einer Konfession zu einer anderen Konfession konvertieren. Insbesondere dann, wenn Menschen, die in ihrer ursprünglichen Kirche getauft wurden, bei Eintritt in eine andere Kirche (noch einmal) getauft werden, wird dies verstanden als eine Nicht-Anerkennung der Taufe, die in der Ursprungskirche vollzogen wurde.

     Für eine Nicht-Anerkennung der Taufe in anderen Kirchen gibt es verschiedene Gründe:

    1. Der häufigste Fall ist die Ablehnung der Kindertaufe.  Nach der Auffassung von Kirchen, die die Kindertaufe ablehnen (credo-baptistische Kirchen), gehört zur Taufe konstitutiv das persönliche Bekenntnis des Glaubens durch den/die Taufkandidaten/in. Damit ist die an einem Säugling vollzogene Taufe im Verständnis dieser Kirchen keine Taufe.

      Zu den Kirchen, die die Kindertaufe praktizieren (pädo-baptistische Kirchen) gehören die orthodoxen Kirchen (östlich-orthodox und orientalisch-orthodox), die katholische Kirche, die lutherischen Kirchen, die reformierten Kirchen, die altkatholischen Kirchen, die anglikanischen Kirchen und die methodistischen Kirchen. Die Kindertaufe wird abgelehnt (credo-baptistische Kirchen) in den mennonitischen Kirchen, den baptistischen Kirchen, sowie in den meisten Pfingstkirchen und vielen charismatischen, neo-pentekostalen und unabhängigen Kirchen. Die grundlegenden Unterschiede, die beide Gruppen von Kirchen in ihren Auffassungen trennen, kann man folgendermaßen zusammenfassen: Als Argument gegen die Kindertaufe wurde in der Geschichte und wird bis heute vorgebracht, dass sie im Neuen Testament nicht eindeutig belegbar ist, denn die einschlägigen Texte in der Apostelgeschichte berichten nur über die Taufe erwachsener Personen. Demgegenüber berufen sich Befürworter der Kindertaufe auf biblische Passagen wie Apg 16,14f.[14] Und eine Frau mit Namen Lydia, eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira, eine Gottesfürchtige, hörte zu; der tat der Herr das Herz auf, sodass sie darauf achthatte, was von Paulus geredet wurde. [15] Als sie aber mit ihrem Hause getauft war, bat sie uns und sprach: Wenn ihr anerkennt, dass ich an den Herrn glaube, so kommt in mein Haus und bleibt da. Und sie nötigte uns.Zur Bibelstelle oder Apg 16,25–34, wo die Taufe eines gesamten „Haushalts“ oder einer ganzen Familie erwähnt wird, der offenbar auch Kinder miteinschloss. Außerdem wird auf Verse rekurriert wie Jesu Einladung „Lasset die Kinder zu mir kommen“ (Mt 19,14Aber Jesus sprach: Lasset die Kinder und wehret ihnen nicht, zu mir zu kommen; denn solchen gehört das Himmelreich.Zur Bibelstelle), die als indirekte Legitimierung der Kindertaufe interpretiert wird. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die neutestamentlichen Berichte, in denen es um die Bekehrung der ersten Christen geht, nicht auf die spätere Situation angewandt werden können, also auf die Situation einer Staatskirche bzw. Volkskirche. Hinter diesen verschiedenen Argumentationen stehen unterschiedliche Auslegungen der Hl. Schrift.

      Ein weiteres biblisch begründetes Argument gegen die Kindertaufe bezieht sich auf neutestamentliche Stellen (z.B. Mk 16,16Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.Zur Bibelstelle, Apg 10,44–48[44] Da Petrus noch diese Worte redete, fiel der Heilige Geist auf alle, die dem Wort zuhörten. [45] Und die gläubig gewordenen Juden, die mit Petrus gekommen waren, entsetzten sich, weil auch auf die Heiden die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen wurde; [46] denn sie hörten, dass sie in Zungen redeten und Gott hoch priesen. Da antwortete Petrus: [47] Kann auch jemand denen das Wasser zur Taufe verwehren, die den Heiligen Geist empfangen haben ebenso wie wir? [48] Und er befahl, sie zu taufen in dem Namen Jesu Christi. Da baten sie ihn, dass er noch einige Tage dabliebe.Zur Bibelstelle, Apg 16,14f.[14] Und eine Frau mit Namen Lydia, eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira, eine Gottesfürchtige, hörte zu; der tat der Herr das Herz auf, sodass sie darauf achthatte, was von Paulus geredet wurde. [15] Als sie aber mit ihrem Hause getauft war, bat sie uns und sprach: Wenn ihr anerkennt, dass ich an den Herrn glaube, so kommt in mein Haus und bleibt da. Und sie nötigte uns.Zur Bibelstelle, Apg 16,31ff.[31] Sie sprachen: Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und dein Haus selig! [32] Und sie sagten ihm das Wort des Herrn und allen, die in seinem Hause waren. [33] Und er nahm sie zu sich in derselben Stunde der Nacht und wusch ihnen die Striemen. Und er ließ sich und alle die Seinen sogleich taufen.Zur Bibelstelle), wonach die Taufe als Antwort auf das Hören des Evangeliums Buße und Glauben erfordert.28Vgl. Beach, J. Mark, Original Sin, Infant Salvation, and the Baptism of Infants, in: Mid-American Journal of Theology 12 (2001), 47–79, 52. Sie wird folglich auf Initiative des Täuflings durchgeführt. Demgegenüber kennen die pädo-baptistischen Kirchen im Rückgriff auf den Kirchenvater Augustin oes-gnd-iconwaiting... den „Glauben der Kirche“, der „an die Stelle des fehlenden Glaubens des Täuflings“ tritt.29Schlink, Taufe, 121. Da der einzelne in und nach der Taufe vom Glauben der Kirche getragen und geleitet wird,30Vgl. Schlink, Taufe, 126. ist der Glaube der zu taufenden Person nicht eine Voraussetzung für die Taufe, sondern als „eingegossene Gabe Gottes“ deren Wirkung. Hier deutet sich ein unterschiedliches Verständnis von Glauben an.

      Das Haupthindernis für credo-baptistische Kirchen, die Taufe von Säuglingen anzuerkennen, ist in diesem Zusammenhang allerdings die Tatsache, dass in vielen Kirchen mit volkskirchlichen Strukturen das Hineinwachsen der Kinder in den Glauben nicht ernst genug genommen wird und keinerlei Forderungen im Hinblick auf eine auf die Taufe folgende christliche Unterweisung oder christliche Lebensweise gestellt werden.

      Schließlich geht es in dieser Auseinandersetzung auch um das Verständnis von Sünde. Während die Kindertaufe traditionell oft mit der Erbsünde in Verbindung gebracht wird, die es nötig macht, dass auch Säuglinge durch die Taufe von ewiger Verdammnis erlöst werden, wird von einigen Baptisten beispielsweise argumentiert, dass Menschen, „die ein Alter moralischer Mündigkeit nicht erreichen, von der Schuld und der daraus folgenden Verdammnis, die Teil der Erbsünde ist, befreit sind“.31Beach, Sin, 55 (Übers. DH). Folglich hat die Taufe solcher Personen keinen Sinn.  
    1. Auch innerhalb der Gruppe der pädo-baptistischen Kirchen wird die Taufe nicht durchgängig gegenseitig anerkannt.  In den orthodoxen Kirchen ist eine Taufe, die außerhalb der Grenzen ihrer Kirche durchgeführt wurde, nicht gültig. Daher gab und gibt es bei der Aufnahme von Christen aus anderen Konfessionen unterschiedliche Praktiken. Da insbesondere die Kirchlichkeit reformatorischer Kirchen in der Orthodoxie bis heute ungeklärt ist, werden bzw. wurden beispielsweise Lutheraner, die zur Orthodoxie übertraten, zu verschiedenen Zeiten in der Geschichte und an verschiedenen Orten in einigen Fällen getauft, in anderen Fällen nicht getauft, in jedem Fall wird aber die Firmung gespendet. Bei der Konversion von Katholiken oder Anglikanern zur orthodoxen Kirche wird meist nur ein Bekenntnis zum orthodoxen Glauben verlangt. Ist die Person jedoch noch nicht gefirmt, muss auch die Firmung nachgeholt werden. Konvertiten aus jüngeren Kirchen werden beim Übertritt zur Orthodoxie praktisch immer getauft.32Genauer bei Heller, Baptized, 173–178.

      Im Hintergrund steht die enge Verbindung von Taufe und Ekklesiologie. Denn nach orthodoxer Auffassung ist eine Taufe nur dann gültig, wenn sie im Rahmen der Kirche durchgeführt wird. Da sich die orthodoxe Kirche als die von Jesus Christus eingesetzte und im Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel bekannte eine, heilige, katholische und apostolische Kirche versteht,33Vgl. Basic Principles of the Attitude to the Non-Orthodox, Bishops‘ Synod of the Russian Orthodox Church, 2000, (https://old.mospat.ru/en/documents/attitude-to-the-non-orthodox/ oder http://orthodoxeurope.org/page/7/5/1.aspx), abgerufen am 06.05.2024, Par. 1.18. sind – im strengen Sinne – Taufen in anderen Gemeinschaften nicht gültig. Allerdings herrscht in der Orthodoxie Uneinigkeit darüber, wie die anderen Kirchen ekklesiologisch einzuordnen sind. Kirchen, die die bischöfliche Sukzession kennen und die drei Initiationssakramente praktizieren (wie die katholischen und die anglikanischen Kirchen), werden tendenziell als Kirchen – wenn auch nicht im vollen Sinne – betrachtet. Außerdem kennt die Orthodoxie die Möglichkeit der „Oikonomia“, d. h. die Möglichkeit, aus pastoralen Gründen Ausnahmen von der eigentlichen Regel zu machen. 

    Im 20. Jahrhundert hat sich außerdem

    1. die Frage der Taufformel zu einem Streitpunkt entwickelt: feministisch geprägte Gruppierungen (v. a. im englischen Sprachraum) verändern die Taufformel, indem sie die geschlechtsbasierten persönlichen Bezeichnungen „Vater, Sohn und Heiliger Geist“ vermeiden und vom „Schöpfer, Erlöser und Erhalter“ (im Englischen sind diese Bezeichnungen ein Neutrum) sprechen. Manche gehen deshalb dazu über „auf den Namen Jesu Christi“ zu taufen, was auch biblisch begründet werden kann. Von einigen Kirchen (römisch-katholisch, orthodox) werden diese Taufen jedoch nicht anerkannt.

    Schließlich gibt es auch

    1. die Frage nach den Elementen der Taufe: In wasserarmen Gegenden der Welt ging man dazu über, z. B. mit Sand zu taufen. Auch dies wird von manchen Kirchen nicht anerkannt bzw. in Frage gestellt.

    2.2. Die ökumenische Debatte und ihre Lösungsvorschläge

    In vielen ökumenischen Dokumenten wird die Taufe in den Leib Christi als wichtigste Grundlage für die Einheit unter den Christen verstanden. Daher sind die Bemühungen um Einheit im Hinblick auf die Taufe eine wichtige Grundlage für alle weiteren Debatten um christliche Einheit.

    Auf multilateraler Ebene war vor allem das Konvergenzdokument zu „Taufe, Eucharistie und Amt“ (auch bekannt als Lima-Dokument) der ÖRK-Kommission für Glauben und Kirchenverfassung ein wichtiger Impuls für die Debatte um die gegenseitige Anerkennung der Taufe. Darin wird vor allem die Kontroverse um die Säuglingstaufe aufgenommen. Aufgrund des ntl. Zeugnisses werden Kindertaufe und Gläubigentaufe als zwei unterschiedliche Weisen verstanden, die eine Taufe zu praktizieren.34Vgl. Konvergenzerklärungen der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Taufe, Eucharistie und Amt, Frankfurt/Paderborn 1982, Taufe Par. 11, 12. Dabei werden beide Praktiken verstanden als Hervorhebung unterschiedlicher Aspekte des Glaubensverständnisses, nämlich einerseits den korporativen Glauben und andererseits den persönlichen Glauben.35Vgl. ÖRK, Taufe, Kommentar zu Par. 12, 13. Vgl. auch Par. 16, 15.

    Konkret werden zwei Vorschläge gemacht: Beide Formen der Taufe fordern eine verantwortliche Haltung zur christlichen Unterweisung, d. h. die Konzentration auf eine Wiederentdeckung der fortdauernden Unterweisung könnte die gegenseitige Anerkennung erleichtern. Außerdem wird der Vorschlag, die Taufe als lebenslangen Prozess zu verstehen, unterstrichen,36Vgl. ÖRK, Taufe, Par. 9. wobei bei einer Kindertaufe das später im Leben erfolgende eigene Bekenntnis des Glaubens eine wichtige Rolle spielt, während im Falle der Gläubigentaufe an einen Segen für die Neugeborenen zu denken ist.

    Die Problematik der Taufanerkennung zwischen Orthodoxen und Nicht-Orthodoxen ist im Limadokument nur kurz angesprochen. Hier wird auf den Unterschied eingegangen, wonach in den orthodoxen Kirchen zur vollen Kirchengliedschaft Taufe, Firmung und Eucharistie gehören, während in den Reformationskirchen die Firmung fehlt bzw. die volle Gliedschaft, die sich durch die Teilnahme an der Eucharistie ausdrückt, auch ohne Firmung möglich ist (s. römisch-katholische Kirche). Der Unterschied liegt im Verständnis davon, wie bzw. wo in der Taufe der Heilige Geist vermittelt wird. Das Lima-Dokument fordert die Kirchen lediglich auf, zu überlegen, ob sie die Konsequenzen der Taufe völlig ernst nehmen, wenn sie Kinder nicht zum Abendmahl zulassen. Hier wird jedoch übersehen, dass in Kirchen, in denen das der Fall ist, keine Firmung praktiziert wird bzw. die Firmung zu einem späteren Zeitpunkt stattfindet. D. h. die Schwierigkeit, die für die orthodoxen Kirchen im Hinblick auf die Anerkennung der (Kinder)Taufe in anderen Kirchen entsteht, ist nicht voll erfasst. Auch die Problematik der Ekklesiologie wird hier nicht aufgenommen.      

    Die oben genannten weiteren Taufpraktiken, die in manchen Kirchen eine Nicht-Anerkennung der Taufe in anderen Kirchen begründen, werden im Lima-Dokument nicht aufgenommen.

    Von der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung wurde zwischen 1990 und 2011 die Problematik der Nicht-Anerkennung der Taufe zwischen credo-baptistischen und pädo-baptistischen Kirchen weiter bearbeitet. Es wurde v. a. vorgeschlagen, die Taufe als einen Punkt im lebenslangen Prozess des Christ-Werdens zu verstehen, der entweder zu Beginn dieses Prozesses, irgendwo im Verlauf des Prozesses oder auch am Ende des Prozesses vollzogen werden kann.37Vgl. World Council of Churches (WCC), One Baptism. Towards Mutual Recognition. A Study Text (Faith & Order Paper 210), Geneva 2011 (https://www.oikoumene.org/sites/default/files/File/One%20Baptism_Toward%20Mutual%20Recognition_WCC.pdf), abgerufen am 06.05.2024.

    Im Bereich der verschiedenen bilateralen Dialoge gibt es inzwischen zwei konkrete Vorschläge, um diese Kontroverse zu lösen. Der eine stammt aus dem Dialog zwischen Waldensern und Methodisten (beides sind pädobaptistische Kirchen) einerseits und Baptisten andererseits in Italien. Der andere wurde erarbeitet im Dialog zwischen Baptisten und Lutheranern in Deutschland.

    Von den genannten italienischen Kirchen wird vorgeschlagen, sich auf das NT zu besinnen, wo „mehr Wert auf die Früchte der Taufe gelegt [wird] als auf ihre Form“.38Documento sui reciproco riconoscimenmto fra chiese battiste metodiste valdesi in Italia, in: Sinodo des 1990 delle chiese valdesi e metodiste. Session straordinatia, 1.–4. November 1990, 14–22. Deutsche Übersetzung in: Nussberger, Cornelia (Hrsg.), Wachsende Kirchengemeinschaft. Gespräche und Vereinbarungen zwischen evangelischen Kirchen in Europa (Texte der Ev. Arbeitsstelle Ökumene Schweiz 16), Bern 1992, 155–167, 163. Daher erklären in diesem Dokument die Baptisten ihre Bereitschaft „eine Person als Bruder oder Schwester (…) anzuerkennen und sie in jeder Hinsicht als Glied ihrer Gemeinde aufzunehmen, wenn in jener Person die Wirklichkeit der Früchte der Taufe festzustellen ist, unabhängig von deren Form und vom Zeitpunkt ihres Vollzuges. Das Vorhandensein der Früchte zeigt, dass dank des Wirkens des Geistes das Wesen der Taufe in jener Person gegenwärtig ist“.39Documento, 163. Im genannten deutschen Dokument mit dem Titel „Kirchengemeinschaft auf dem Weg“40VELKD, Kirchengemeinschaft auf dem Weg, Dezember 2023 (https://www.befg.de/fileadmin/content/BEFG/Edition_BEFG_Band_10_-_Kirchengemeinschaft_auf_dem_Weg__Online-Version_.pdf), abgerufen am 06.05.2024. hingegen wird der vom Lima-Dokument angedeutete Ansatz weiterverfolgt, der darauf hinausläuft, christliche Initiation, zu der die Taufe gehört, als einen Prozess des Christ-Werdens zu verstehen. Dieser Prozess vollzieht sich entweder zwischen Taufe und Konfirmation oder zwischen Annahme des Glaubens und Taufe. Der Initiationsprozess ist vollendet, wenn der Kandidat/die Kandidatin die Verantwortung für seine/ihre Nachfolge Christi übernimmt und bereit ist, seinen/ihren Glauben öffentlich zu erklären. Auf dieser Grundlage kann die baptistische Seite den Weg zum Christsein, der für Lutheraner in der Regel mit der Säuglingstaufe beginnt, als evangeliumsgemäß anerkennen, wenn dazu ein persönliches Glaubensbekenntnis tritt und ein Leben in der Nachfolge Jesu gehört. Beide Seiten bekennen sich dazu, dass sie bei Konversionen von Lutheranern zu einer baptistischen Gemeinde die Gewissensentscheidungen der Kandidaten und Kandidatinnen zu akzeptieren bereit sind. „Es sollte bei einem Übertritt kein Druck ausgeübt werden, die Glaubenstaufe zu vollziehen, um Mitglied in einer baptistischen Gemeinde werden zu können.“41VELKD, Kirchengemeinschaft, Abs. 111. Gleichzeitig können die Lutheraner es respektieren, wenn die betreffende Person beim Übertritt ausdrücklich eine Taufe wünscht. Trotz der weiterhin bestehenden Unterschiede im Taufverständnis versteht man die Beziehung beider Kirchen als Gemeinschaft „auf dem Weg“.

    Literaturangaben

    Bickelhaupt, Jörg, Taufe, Glaube, Geist. Ein Beitrag zur neueren innerevangelischen Diskussion, Leipzig 2015.

    Geldbach, Erich, Taufe, Göttingen 1996.

    Gerlitz, Peter et al., Taufe, in: TRE Band 32, 2001, 659–741.

    Heller, Dagmar, Baptized into Christ. A Guide to the Ecumenical Discussion on Baptism, Geneva 2012.

    Lange, Christian/Leonhard, Clemens/Olbrich, Ralph (Hrsg.): Die Taufe. Einführung in Geschichte und Praxis, Darmstadt 2008.

    Schlink, Edmund, Die Lehre von der Taufe, Göttingen 22007.

    Einzelnachweise

    • 1
      Vgl. Miller, Marlin E., The Mennonites, in: Strege, Merle D. (Hrsg.), Baptism and Church. A Believers‘ Church Vision. Grand Rapids 1986, 15–28, 18.
    • 2
      Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche (KKK), 2000,  (https://www.vatican.va/archive/DEU0035/__P3V.HTM), abgerufen am 06.05.2024, No. 1285.
    • 3
      Vgl. Heller, Dagmar, Baptized into Christ. A Guide to the Ecumenical Discussion on Baptism, Geneva 2012, 15f.
    • 4
      Kühn, Ulrich‚ Art. Taufe VII. Dogmatisch und ethisch, in: TRE 32 (2001), 720–734, 732.
    • 5
      Vgl. Luthers Kleiner Katechismus IV.4.
    • 6
      Vgl. Barth, KD IV/4.
    • 7
      Vgl. Schmemann, Alexander, Of Water and the Spirit, Crestwood 1974, 8ff. und 18.
    • 8
      Schmemann, Water, 8 (Übers. DH).
    • 9
      KKK, No. 1213.
    • 10
      KKK, No.1265.
    • 11
      Vgl. Rahner, Karl, Grundkurs des Glaubens, Freiburg 1976, 400.
    • 12
      Vgl. Dogmatische Konstitution Lumen Gentium über die Kirche, 2. Vatikanisches Konzil, 1964, (https://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_const_19641121_lumen-gentium_ge.html), abgerufen am 06.05.2024, Art. 33.
    • 13
      KKK, No. 1262.
    • 14
      Schlink, Edmund, Die Lehre von der Taufe, Göttingen 22007, 39–50.
    • 15
      Vgl. Confessio Augustana Art. II.
    • 16
      Vgl. Luther, Martin, Großer Katechismus, IV. Die Taufe, (http://www.sola-gratia-verlag.de/Sola-Gratia-Verlag.009-03-21.pdf), abgerufen am 06.05.2024, Drittens.
    • 17
      Vgl. Heidelberger Katechismus, (https://www.ekd.de/Heidelberger-Katechismus-Der-zweite-Teil-13502.htm), abgerufen am 06.05.2024, Frage 69.
    • 18
      Vgl. Calvin, Institutiones IV, 15.1.
    • 19
      Vgl. Articles of Religion (Thirty-nine Articles), (http://anglicansonline.org/basics/thirty-nine_articles.html), abgerufen am 06.05.2024, 27.
    • 20
      Vgl. Westerfield Tucker, Karen B., The Initiatory Rites of the United Methodist Church, in: Best, Thomas F. (Hrsg.), Baptism Today. Understanding Practice, Ecumenical Implications (Faith and Order Paper 207), Geneva/Collegeville 2008, 99–107, 101. Auch: Felton, Gayle Carlton, The Gift of Water. The Practice and Theology of Baptism among Methodists in America, Nashville 1992, 48.
    • 21
      Vgl. By Water and the Spirit. A United Methodist Understanding of Baptism. A Report of the Baptism StudyCommittee, 2016 (https://www.umc.org/en/content/by-water-and-the-spirit-a-united-methodist-understanding-of-baptism), abgerufen am 06.05.2024.
    • 22
      Miller, Mennonites, 18.
    • 23
      Vgl. Menno Simons, Christian Baptism, 1539, in: Wenger, John C. (Hrsg.), Complete Writings of Menno Simons, Scottdale 1974, 227ff.
    • 24
      Fiddes, Paul, The Baptism of Believers, in: Best, Thomas F. (Hrsg.), Baptism Today. Understanding Practice, Ecumenical Implications (Faith and Order Paper 207), Geneva/Collegeville 2008, 73–80, 76 (Übers. DH). Vgl. auch: Swarat, Uwe (Hrsg.), Wer glaubt und getauft wird … Texte zum Taufverständnis im deutschen Baptismus, Kassel 2010.
    • 25
      Vgl. Albrecht, Daniel, Witness in the Waters. Baptism and Pentecostal Spirituality, in: Best, Thomas F. (Hrsg.), Baptism Today. Understanding Practice, Ecumenical Implications (Faith and Order Paper No. 207), Geneva/Collegeville 2008, 147–168, 148.
    • 26
      Vgl. Albrecht, Witness, 148.
    • 27
      Vgl. Albrecht, Witness, 158.
    • 28
      Vgl. Beach, J. Mark, Original Sin, Infant Salvation, and the Baptism of Infants, in: Mid-American Journal of Theology 12 (2001), 47–79, 52.
    • 29
      Schlink, Taufe, 121.
    • 30
      Vgl. Schlink, Taufe, 126.
    • 31
      Beach, Sin, 55 (Übers. DH).
    • 32
      Genauer bei Heller, Baptized, 173–178.
    • 33
      Vgl. Basic Principles of the Attitude to the Non-Orthodox, Bishops‘ Synod of the Russian Orthodox Church, 2000, (https://old.mospat.ru/en/documents/attitude-to-the-non-orthodox/ oder http://orthodoxeurope.org/page/7/5/1.aspx), abgerufen am 06.05.2024, Par. 1.18.
    • 34
      Vgl. Konvergenzerklärungen der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Taufe, Eucharistie und Amt, Frankfurt/Paderborn 1982, Taufe Par. 11, 12.
    • 35
      Vgl. ÖRK, Taufe, Kommentar zu Par. 12, 13. Vgl. auch Par. 16, 15.
    • 36
      Vgl. ÖRK, Taufe, Par. 9.
    • 37
      Vgl. World Council of Churches (WCC), One Baptism. Towards Mutual Recognition. A Study Text (Faith & Order Paper 210), Geneva 2011 (https://www.oikoumene.org/sites/default/files/File/One%20Baptism_Toward%20Mutual%20Recognition_WCC.pdf), abgerufen am 06.05.2024.
    • 38
      Documento sui reciproco riconoscimenmto fra chiese battiste metodiste valdesi in Italia, in: Sinodo des 1990 delle chiese valdesi e metodiste. Session straordinatia, 1.–4. November 1990, 14–22. Deutsche Übersetzung in: Nussberger, Cornelia (Hrsg.), Wachsende Kirchengemeinschaft. Gespräche und Vereinbarungen zwischen evangelischen Kirchen in Europa (Texte der Ev. Arbeitsstelle Ökumene Schweiz 16), Bern 1992, 155–167, 163.
    • 39
      Documento, 163.
    • 40
      VELKD, Kirchengemeinschaft auf dem Weg, Dezember 2023 (https://www.befg.de/fileadmin/content/BEFG/Edition_BEFG_Band_10_-_Kirchengemeinschaft_auf_dem_Weg__Online-Version_.pdf), abgerufen am 06.05.2024.
    • 41
      VELKD, Kirchengemeinschaft, Abs. 111.

    Zitierweise

    Heller, Dagmar: „Taufe“, Version 1.0, in: Onlinelexikon Systematische Theologie, 1. Mai 2025. DOI: https://doi.org/10.15496/publikation-105575

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