Polytheismus

Der Begriff „Polytheismus“ zur Bezeichnung der Vorstellung oder Verehrung einer Mehrzahl von Gottheiten reicht ins 1. Jh. n. Chr. zurück, wo er ursprünglich nicht-jüdische bzw. v. a. nicht-christliche Gottesvorstellungen und Kultpraktiken polemisch umschrieb. Ab der frühen Neuzeit bis ins 20. Jh. machte er Karriere als typologischer Gegensatz zum Monotheismus in evolutionistischen Religionstheorien. Die moderne Forschung lehnt seine Verwendung als strenge religionswissenschaftliche Kategorie zwar ab, nutzt ihn aber oft in einem allgemeinen Sinn oder als Ausgangspunkt für eine genauere Untersuchung der Gestaltung göttlicher Pluralität innerhalb ihres jeweiligen zeitgeschichtlichen Rahmens.

Inhaltsverzeichnis

    1. Bedeutung

    Polytheismus bezeichnet den Glauben an die Existenz mehrerer Gottheiten und/oder die Verehrung mehrerer Gottheiten nebeneinander. Im gängigen Gebrauch bildet er den Gegenbegriff zum Monotheismus, der die Vorstellung oder die Verehrung einer einzigen Gottheit zum Ausdruck bringt.

    Weiterführende Infos WiBiLex

    Eine bibelkundliche Vertiefung zu „Monotheismus“ findet sich hier:
    Bauks, Michaela, Art. Monotheismus (AT), in: WiBiLex (https://bibelwissenschaft.de/stichwort/27997/), abgerufen am 17.06.2025.

    Das Begriffspaar Monotheismus und Polytheismus gilt für die genaue Charakterisierung oder Klassifizierung von Religionsformen in der aktuellen religionshistorischen Forschung allerdings als unzulänglich (siehe 3. Begriffskritik); den Polytheismusbegriff behält sie unter Vorbehalt dennoch häufig bei, um die Verehrung mehrerer Götter als bedeutsamen Teilaspekt bestimmter Religionen hervorzuheben. Die Verwendung erfolgt dabei wertneutral und nicht als strenge Typologie.

    2. Begriffsgeschichte

    Der Begriff Polytheismus (altgriechisch: πολυθεΐα/polytheía, πολυθεότης/polytheótes) kam erst im 1. Jh. n. Chr. als abgrenzende und abwertende Betitelung nicht-jüdischer bzw. nicht-christlicher Religion(en) im römischen Reich auf und stand nach seiner Wiederentdeckung im 16. Jh. v. a. im Dienst evolutionistischer Religionstheorien.

    Die Etymologie setzt sich aus den Wortstämmen πολυ-/poly– („viel, viele“) und θεός/theós („Gott, Gottheit“) zusammen. Das verwandte Adjektiv πολύθεος/polýtheos erscheint vor der römischen Kaiserzeit nur einmal als dichterische Wortschöpfung des Tragikers Aischylos oes-gnd-iconwaiting... im 5. Jh. v. Chr., wo es eine dramatisch wichtige Kultstätte als „vielen Göttern gehörend“ beschreibt.1Vgl. Aischylos, Hiketiden, 423.

    Das Wortfeld findet sich danach erst wieder bei dem jüdischen Philosophen Philon von Alexandria oes-gnd-iconwaiting... Anfang des 1. Jh. n. Chr. Philon beschreibt dort mit dem Adjektiv πολύθεος/polýtheos in polemischer Absicht eine Ansicht (δόξα/doxa).2Zur Bedeutung von δόξα bei Philon: Kittel, Gerhard, Art. δόξα A. Der griechische Sprachgebrauch von δόξα, in: TWNT 2 (1935), 236–240, 239. Diese „Ansicht, es gebe viele Götter“ (ἡ πολύθεος δόξα/he polýtheos dóxa), für die Philon auch die vermutliche Neuprägung πολυθεΐα/polytheía („Vielgötterei“) einmalig verwendet, kontrastiert er mit dem Konzept der Herrschaft eines einzigen Gottes über den Kosmos3Vgl. Philon von Alexandria, Quis rerum divinarum heres sit, 169. und setzt sie mit Atheismus gleich.4Vgl. Philon von Alexandria, De mutatione nominum, 205. Ausführlicher zum Polytheismusbegriff bei Philon: Pirenne-Delforge, Vinciane, Le Polythéisme grec à l’épreuve d’Hérodote, Paris 2020, 34–38.

    Weiterführende Infos WiBiLex

    Weiterführende Informationen zu Philo von Alexandrien finden sich hier:
    Miletto, Gianfranco, Art. Philo von Alexandrien, in: WiBiLex (https://bibelwissenschaft.de/stichwort/30916/), abgerufen am 17.06.2025.

    Die christlichen Apologeten der ersten ca. fünf Jahrhunderte, die neben πολυθεΐα/polytheía das Synonym πολυθεότης/polythéotes gebrauchen, greifen Philons Vorwurf auf: Ein Überschuss an Göttern bedeute, den einen wahren Gott zu verkennen und damit gottlos zu sein.5Vgl. z. B. Origenes, Exhortatio ad martyrium, 5 (Griechischer Text: https://scaife.perseus.org/reader/urn:cts:greekLit:tlg2042.tlg007.perseus-grc1:5; Deutsche Übersetzung: https://bkv.unifr.ch/de/works/cpg-1475/versions/ermahnung-zum-martyrium-bkv/divisions/6), beide abgerufen am 17.06.2025; vgl. auch Scholten, Clemens, Art. Origenes (AT), in: WiBiLex (https://bibelwissenschaft.de/stichwort/29729/), abgerufen am 17.06.2025. Als Kennzeichen für die Verehrung vieler Götter verweisen sie insbesondere auf Kultbilder, weshalb sie auch den Begriff der Idolatrie  („Bilderverehrung“; griechisch: εἰδωλολατρία/eidololatría, lateinisch: idolatria/idololatria) nahezu deckungsgleich gebrauchen.6Vgl. z. B. Origenes, Exhortatio, 32 (Griechischer Text: https://scaife.perseus.org/reader/urn:cts:greekLit:tlg2042.tlg007.perseus-grc1:32; Deutsche Übersetzung: https://bkv.unifr.ch/de/works/cpg-1475/versions/ermahnung-zum-martyrium-bkv/divisions/33), beide abgerufen am 17.06.2025. Die Begriffsfelder „Idolatrie“ und „Polytheismus“ sind dagegen als Selbstzuschreibung nirgends in der antiken Überlieferung belegt.

    Weiterführende Infos WiBiLex

    Eine bibelkundliche Vertiefung zur Götterpolemik findet sich hier:
    Steymans, Hans Ulrich, Art. Götterpolemik, in: WiBiLex (https://bibelwissenschaft.de/stichwort/19736/), abgerufen am 17.06.2025.

    Die Geschichte des griechischen Polytheismusbegriffs setzt sich nach der Spätantike erst in der frühen Neuzeit fort. Der Rückgang der Griechischkenntnisse im Mittelalter des nicht-byzantinisch geprägten Teils von Europa begünstigte die Rezeption lateinischer Texte, deren Autoren jedoch über keinen eigenen Begriff für das Phänomen des Polytheismus verfügten, sondern dieses umschrieben oder oft mit dem latinisierten Begriff idolatria implizierten.7Vgl. Lanczkowski, Günter, Art. Polytheismus, in: HWPh 7 (1989), 1087–1093, 1087. Während also idolatria („Bilderverehrung“ mit der Konnotation „Vielgötterei“) bereits im 12. Jh. ins Französische und im 13. Jh. ins Englische aufgenommen wird,8Vgl. Dörr, Stephen, Art. Idolatrie, in: Dictionnaire étymologique de l’ancien français I (2003), 20–21; Art. Idolatry, in: The Oxford English Dictionary 7 (21989), 631. wird der ursprüngliche griechische Polytheismusbegriff erst vor dem Hintergrund der späthumanistischen Auseinandersetzung mit der griechischen Literatur wiederentdeckt. In humanistischen lateinischen Schriften wird er meist in griechischer Sprache wiedergegeben, zunehmend aber auch als polytheia oder polytheismus latinisiert.9Polytheia zunächst bei Budé, Guillaume, De transitu Hellenismi ad Christianismum, Paris 1535, 103; siehe dazu Pirenne-Delforge, Polythéisme, 44. Zum lateinischen polytheismus: Lanczkowski, Polytheismus, 1087–1088. 1580 findet er Eingang ins Französische, als der Rechtsgelehrte Jean Bodin oes-gnd-iconwaiting... antike Theorien zur ersten Ursache des Seins zusammenfasst und darin ein vermeintliches Zitat des Neuplatonikers Plotin oes-gnd-iconwaiting... anführt, in dem Polytheismus und Atheismus gleichgesetzt werden. Bodin übersetzt dabei πολυθεότης/polytheótes als polythéisme.10Vgl. Bodin, Jean, De la démonomanie des sorciers, Paris 1580, Buch 1, Kap. 5 (https://archive.org/details/delademonomanied00bodi/page/n91/mode/2up), abgerufen am 17.06.2025. Das französische Wort ist der zeitgenössischen lateinischen Form polytheismus nachgebildet und wird in der deutschen Übersetzung des Werks (1590) als „Polytheismus“ übertragen.11Vgl. Lanczkowski, Polytheismus, 1088. In seiner abgeleiteten Form bürgert sich der Begriff in den modernen europäischen Sprachen, einschließlich des Neugriechischen (πολυθεϊσμός), ein.

    In den Jahrhunderten nach Bodin wird der Polytheismus verstärkt theoretisiert. Ab dem 17. Jh. wird er nicht nur von der seit dem Mittelalter fast synonymen Idolatrie und dem Atheismus zunehmend differenziert, sondern erhält mit der Neuprägung „Monotheismus“ um 1660 auch einen ausdrücklichen Gegenbegriff. Monotheismus und Polytheismus werden von nun an bis ins frühe 20. Jh. auch in religionsgeschichtliche Entwicklungsmodelle überführt. Darin bildet der Monotheismus stets den Optimalzustand: Mitunter steht er als Anfang und Urreligion dem Polytheismus gegenüber, der den Endpunkt eines Verfalls darstellt; alternativ bildet der Polytheismus den Ausgangspunkt oder ein Zwischenstadium, das sich zur letzten und höchsten Evolutionsstufe der Religion, dem Monotheismus, hinentwickelt.12Vgl. Gladigow, Burkhard, Art. Polytheismus, in: HRWG 4 (1998), 321–330, 322; Lanczkowski, Polytheismus, 1089; Schmidt, Francis, Polytheisms. Degeneration or Progress?, in: Schmidt, Francis (Hrsg.), The Inconceivable Polytheism. Studies in Religious Historiography (History and Anthropology 3), Chur/London/Paris/New York 1987, 9–60. In der aktuellen Forschung besitzen diese Modelle keine Gültigkeit mehr.

    Im 20. Jh. bildet sich allmählich eine kritische Haltung gegenüber dem wertenden und evolutionistischen Gebrauch des Begriffs heraus, die ab etwa 1960 u. a. in der religionshistorischen,13Vgl. v. a. Brelich, Angelo, Der Polytheismus, in: Numen 7 (1960), 123–136. alttestamentlichen,14Vgl. Ahn, Gregor, Monotheismus und Polytheismus als religionswissenschaftliche Kategorien?, in: Oeming, Manfred/Schmid, Konrad (Hrsg.), Der Gott und die Götter. Polytheismus und Monotheismus im antiken Israel, Zürich 2003, 1–10, 4. ägyptologischen15Vgl. z. B. Hornung, Erik, Der Eine und die Vielen. Ägyptische Gottesvorstellungen, Darmstadt 1971. und klassisch-altertumswissenschaftlichen16Vgl. z. B. Rudhardt, Jean, Considérations sur le polythéisme, in: RThPh 16 (1966), 353–364. Forschung richtungsweisend wird. Sie verbindet sich mitunter mit einer (kritisch diskutierten) philosophischen Aufwertung des Begriffs als Denkfigur des Pluralismus17Vgl. Marquard, Udo, Lob des Polytheismus. Über Monomythie und Polymythie, in: Poser, Hans (Hrsg.), Philosophie und Mythos. Ein Kolloquium, Berlin/New York 1979, 40–58; siehe dazu Gladigow, Burkhard, Polytheismus, in: Kippenberg, Hans Gerhard/Riesebrodt, Martin (Hrsg.), Max Webers Religionssystematik, Tübingen 2001, 131–150. Fächerübergreifend äußerst kontrovers diskutiert wurde der vom Ägyptologen und Kulturwissenschaftler Jan Assmann oes-gnd-iconwaiting... postulierte Zusammenhang zwischen dem Polytheismus und Toleranz einerseits, dem Monotheismus und Intoleranz andererseits: Assmann, Jan, Die Mosaische Unterscheidung oder der Preis des Monotheismus, München 2003. und z. T. mit der religionsvergleichenden Suche nach Strukturähnlichkeiten in verschiedenen Polytheismen,18Vgl. Brelich, Polytheismus; der Fokus wurde 1980–2000 in verschiedenen Aufsätzen von Burkhard Gladigow oes-gnd-iconwaiting... weiterentwickelt, z. B. Gladigow, Burkhard, Strukturprobleme polytheistischer Religionen, in: Saec. 34 (1983), 292–304; Gladigow, Burkhard, Polytheismus. Akzente, Perspektiven und Optionen der Forschung, in: ZfR 5 (1997), 59–79. v. a. aber mit der bisher ertragreichen Frage, wie das Verhältnis zwischen göttlicher Einheit und Vielheit in verschiedenen Religionen unterschiedlich konzipiert wird.19Vgl. z. B. François, Gilbert, Le polythéisme et l’emploi au singulier des mots ΘΕΟΣ, ΔΑΙΜΩΝ dans la littérature grecque d’Homère à Platon, Paris 1957; Hornung, Der Eine und die Vielen; Rudhardt, Considérations. Fortsetzung und Erweiterung im 21. Jh.: Z. B. Henrichs, Albert, Dionysos. One or Many?, in: Bernabé, Alberto et al. (Hrsg.), Redefining Dionysos, Berlin/Boston 2013, 554–582; Krebernik, Manfred/Oorschot, Jürgen van (Hrsg.), Polytheismus und Monotheismus in den Religionen des Vorderen Orients, Münster 2002; Porter, Barbara N. (Hrsg.), One God or Many? Concepts of Divinity in the Ancient World, Maine 2000; Smith, Mark, The Origins of Biblical Monotheism. Israel’s Polytheistic Background and the Ugaritic Texts, Oxford 2001; Versnel, Henk, Ter Unus. Isis, Dionysos, Hermes. Three Studies in Henotheism, Leiden/Boston/Köln 1998; Versnel, Henk, Coping with the Gods. Wayward Readings in Greek Theology, Leiden/Boston 2011.

    3. Begriffskritik

    Die gegenwärtige Kritik am Polytheismusbegriff als wissenschaftlichem Terminus richtet sich weniger gegen seinen antiken und auch neuzeitlichen Gebrauch (siehe 2. Begriffsgeschichte) als vielmehr gegen seine inhaltliche Schwerpunktsetzung. Der sogar verbale Fokus auf dem Gottesbild bzw. der Zahl der Götter lässt andere Merkmale und deren ggf. unterschiedliche Gewichtung unberücksichtigt; Religionsformen, in denen Götter keine oder eine weniger entscheidende Rolle spielen, können mit dieser Etikettierung nicht angemessen erfasst werden.20Vgl. Ahn, Gregor, „Monotheismus“ – „Polytheismus“. Grenzen und Möglichkeiten einer Klassifikation von Gottesvorstellungen, in: Dietrich, Manfried/Lorenz, Oswald (Hrsg.), Mesopotamica – Ugaritica – Biblica. Festschrift für Kurt Bergerhof zur Vollendung seines 70. Lebensjahres am 7. Mai 1992, Neukirchen-Vluyn 1993, 1–24, 16–18; Berner, Ulrich, Art. Polytheismus, in: TRE 27 (1979), 35–39, 36–38. Auch liegt dem Begriff keine bestimmte Gottesauffassung zugrunde, so dass die Zuweisung einer Glaubensform zum Poly- bzw. Monotheismus bei abweichenden Innen- und Außenperspektiven oder je nach Forschungsansicht variieren kann: Die Einheit bzw. Einzigkeit oder Vielheit des Göttlichen hängen u. a. davon ab, was oder wer als Gottheit oder göttlich zählt. Nicht zuletzt impliziert das Begriffspaar Monotheismus/Polytheismus eine strenge Gegensätzlichkeit, die sich empirisch nicht beobachten lässt. Besonders Studien zu antiken Kulturen haben gezeigt, dass sich „polytheistische“ und „monotheistische“ Elemente in der Praxis nicht gegenseitig ausschließen, sondern sich auf verschiedene Weisen verbinden können.21Vgl. z. B. Hornung, Der Eine und die Vielen; Krebernik/Oorschot, Polytheismus; Mitchell, Stephen/Van Nuffelen, Peter (Hrsg.), Monotheism between Pagans and Christians in Late Antiquity, Leuven/Walpole 2010; Mitchell, Stephen/Van Nuffelen, Peter (Hrsg.), One God. Pagan Monotheism in the Roman Empire, Cambridge/New York 2010; Smith, Origins. Diese Vielfalt mit Begriffen präzise zu erfassen bleibt eine Herausforderung für die Forschung.

    4. Aktuelle Zugänge

    Der kritische Umgang mit dem Polytheismusbegriff geht mit einer zunehmend differenzierten religionshistorischen Analyse von Gottesvorstellungen einher. Göttliche Pluralität stellt dabei nur einen Aspekt dar. Diese wird v. a. anhand der Leitfrage untersucht, wie und warum Gottheiten in ihrem jeweils spezifischen historischen und geographischen Kontext zueinander in Beziehung gesetzt werden: Dazu gehören u. a. die Pantheonbildung (die Entstehung von Göttergruppen, die von einer Gemeinschaft verehrt werden) und die Auswahl oder Ausgrenzung von Göttern, göttliche Zuständigkeitsbereiche, Hierarchien in der Götterwelt, die Charakterisierung von Gottheiten durch Namen und Beinamen oder die Identifikation fremder Gottheiten mit den eigenen Gottheiten (sog. interpretatio).22Vgl. z. B. Pironti, Gabriella, Schêmat’ Olympou? De la société des dieux aux configurations de puissances divines, in: Bonnet, Corinne et al. (Hrsg.), Puissances divines à l’épreuve du comparatisme. Constructions, variations et réseaux relationnels, Brepols 2017, 89–105; zum Umgang mit fremden Göttern vgl. Parker, Robert, Greek Gods Abroad. Names, Natures, Transformations, Berkeley 2017; Smith, Mark, God in Translation. Deities in Cross-Cultural Discourse in the Biblical World, Tübingen 2008. Zu Namen siehe neben Gladigow, Burkhard, Götternamen und Name Gottes. Allgemeine religionswissenschaftliche Aspekte, in: Stietencron, Heinrich von (Hrsg.), Der Name Gottes, Düsseldorf 1975, 13–33, besonders Bonnet, Corinne/Galoppin, Thomas et al. (Hrsg.), Divine Names on the Spot. Towards a Dynamic Approach of Divine Denominations in Greek and Semitic Contexts, Leuven/Paris/Bristol 2021; Bonnet, Corinne/Galoppin, Thomas et al. (Hrsg.), Naming and Mapping the Gods in the Ancient Mediterranean. Spaces, Mobilities, Imaginaries, Berlin 2022; Palamidis, Alaya/Bonnet, Corinne (Hrsg.), What’s in a Divine Name? Religious Systems and Agency in the Ancient Mediterranean, Berlin/Boston 2024. Insbesondere beim Wechselspiel zwischen Konzepten göttlicher Einheit und Vielheit wird auch der Zusammenhang zwischen Gottesbild und Darstellungskontext (z. B. Kultpraxis, Philosophie, professionalisierte Theologie, Literatur, Kunst usw.) erforscht.23Vgl. z. B. Chaniotis, Angelos, Megatheism. The Search for the Almighty God and the Competition of Cults, in: Mitchell, Stephen/Van Nuffelen, Peter, One God, 112–140; Rüpke, Jörg, Wie funktioniert Polytheismus? Götter, Bilder, Reflexionen, in: Mediterraneo Antico 15 (2012), 233–246. Insgesamt also hat sich die Forschung von einem einheitlichen Bild „des“ Polytheismus verabschiedet und fragt vielmehr nach der Gestaltung und Rolle von Gottesvorstellungen in einer Religion – und nach ihrer Bedeutung für die Anhänger.

    Weiterführende Literatur

    Ausführliche und kritische Auswertungen des Polytheismus-Monotheismus-Schema für die wissenschaftliche Analyse von Religionen:

    Ahn, Gregor, „Monotheismus“ – „Polytheismus“. Grenzen und Möglichkeiten einer Klassifikation von Gottesvorstellungen, in: Dietrich, Manfried/Lorenz, Oswald (Hrsg.), Mesopotamica – Ugaritica – Biblica. Festschrift für Kurt Bergerhof zur Vollendung seines 70. Lebensjahres am 7. Mai 1992, Neukirchen-Vluyn 1993, 1–24.

    Ahn, Gregor, Monotheismus und Polytheismus als religionswissenschaftliche Kategorien?, in: Oeming, Manfred/Schmid, Konrad (Hrsg.), Der Gott und die Götter. Polytheismus und Monotheismus im antiken Israel, Zürich 2003, 1–10.

    Grundlegende Rekonstruktion der Begriffsgeschichte bis 1980 und Quelle für die meisten späteren begriffsgeschichtlichen Überblicke:

    Lanczkowski, Günter, Art. Polytheismus, in: HWPh 7 (1989), 1087–1093.

    Studie zu altägyptischen Gottesvorstellungen, die erstmalig versucht, Einheit und Vielheit als sich gegenseitig ergänzende Konzepte des Göttlichen zu deuten:

    Hornung, Erik, Der Eine und die Vielen. Ägyptische Gottesvorstellungen, Darmstadt 62005.

    Beiträge zur Religionsgeschichte des Vorderen Orients, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit der Frage befassen, „wie in einem wesentlich von polytheistischen Vorstellungen geprägten Kontinuum monotheistische Tendenzen und Religionsformen entstehen konnten“ (Vorwort):

    Krebernik, Manfred/Oorschot, Jürgen van (Hrsg.), Polytheismus und Monotheismus in den Religionen des Vorderen Orients (AOAT 298), Münster 2002.

    Beiträge zum Verhältnis zwischen „monotheistischen“ und „polytheistischen“ Denkmustern und Religionen im 1.–3. Jh. n. Chr.:

    Mitchell, Stephen/Van Nuffelen, Peter (Hrsg.), One God. Pagan Monotheism in the Roman Empire, Cambridge/New York 2010.

    Beiträge zum Verhältnis zwischen „monotheistischen“ und „polytheistischen“ Denkmustern und Religionen im 4.–5. Jh. n. Chr.:

    Mitchell, Stephen/Van Nuffelen, Peter (Hrsg.), Monotheism between Pagans and Christians in Late Antiquity, Leuven/Walpole 2010.

    Entwicklung der These, dass ein Fokus auf göttlicher Einheit bzw. Vielheit mit Medium und Textgattung eng zusammenhängt:

    Rüpke, Jörg, Wie funktioniert Polytheismus? Götter, Bilder, Reflexionen, in: Mediterraneo Antico 15 (2012), 233–246.

    Zur Geschichte des Polytheismusbegriffs in der frühen Neuzeit:

    Schmidt, Francis, Naissance des polythéismes (1624–1757), in: ASSR 59 (1985), 77–90.

    Schmidt, Francis, Polytheisms. Degeneration or Progress?, in: Schmidt, Francis (Hrsg.), The Inconceivable Polytheism. Studies in Religious Historiography (History and Anthropology 3), Chur/London/Paris/New York 1987, 9–60.

    Einzelnachweise

    • 1
      Vgl. Aischylos, Hiketiden, 423.
    • 2
      Zur Bedeutung von δόξα bei Philon: Kittel, Gerhard, Art. δόξα A. Der griechische Sprachgebrauch von δόξα, in: TWNT 2 (1935), 236–240, 239.
    • 3
      Vgl. Philon von Alexandria, Quis rerum divinarum heres sit, 169.
    • 4
      Vgl. Philon von Alexandria, De mutatione nominum, 205. Ausführlicher zum Polytheismusbegriff bei Philon: Pirenne-Delforge, Vinciane, Le Polythéisme grec à l’épreuve d’Hérodote, Paris 2020, 34–38.
    • 5
      Vgl. z. B. Origenes, Exhortatio ad martyrium, 5 (Griechischer Text: https://scaife.perseus.org/reader/urn:cts:greekLit:tlg2042.tlg007.perseus-grc1:5; Deutsche Übersetzung: https://bkv.unifr.ch/de/works/cpg-1475/versions/ermahnung-zum-martyrium-bkv/divisions/6), beide abgerufen am 17.06.2025; vgl. auch Scholten, Clemens, Art. Origenes (AT), in: WiBiLex (https://bibelwissenschaft.de/stichwort/29729/), abgerufen am 17.06.2025.
    • 6
      Vgl. z. B. Origenes, Exhortatio, 32 (Griechischer Text: https://scaife.perseus.org/reader/urn:cts:greekLit:tlg2042.tlg007.perseus-grc1:32; Deutsche Übersetzung: https://bkv.unifr.ch/de/works/cpg-1475/versions/ermahnung-zum-martyrium-bkv/divisions/33), beide abgerufen am 17.06.2025.
    • 7
      Vgl. Lanczkowski, Günter, Art. Polytheismus, in: HWPh 7 (1989), 1087–1093, 1087.
    • 8
      Vgl. Dörr, Stephen, Art. Idolatrie, in: Dictionnaire étymologique de l’ancien français I (2003), 20–21; Art. Idolatry, in: The Oxford English Dictionary 7 (21989), 631.
    • 9
      Polytheia zunächst bei Budé, Guillaume, De transitu Hellenismi ad Christianismum, Paris 1535, 103; siehe dazu Pirenne-Delforge, Polythéisme, 44. Zum lateinischen polytheismus: Lanczkowski, Polytheismus, 1087–1088.
    • 10
      Vgl. Bodin, Jean, De la démonomanie des sorciers, Paris 1580, Buch 1, Kap. 5 (https://archive.org/details/delademonomanied00bodi/page/n91/mode/2up), abgerufen am 17.06.2025.
    • 11
      Vgl. Lanczkowski, Polytheismus, 1088.
    • 12
      Vgl. Gladigow, Burkhard, Art. Polytheismus, in: HRWG 4 (1998), 321–330, 322; Lanczkowski, Polytheismus, 1089; Schmidt, Francis, Polytheisms. Degeneration or Progress?, in: Schmidt, Francis (Hrsg.), The Inconceivable Polytheism. Studies in Religious Historiography (History and Anthropology 3), Chur/London/Paris/New York 1987, 9–60.
    • 13
      Vgl. v. a. Brelich, Angelo, Der Polytheismus, in: Numen 7 (1960), 123–136.
    • 14
      Vgl. Ahn, Gregor, Monotheismus und Polytheismus als religionswissenschaftliche Kategorien?, in: Oeming, Manfred/Schmid, Konrad (Hrsg.), Der Gott und die Götter. Polytheismus und Monotheismus im antiken Israel, Zürich 2003, 1–10, 4.
    • 15
      Vgl. z. B. Hornung, Erik, Der Eine und die Vielen. Ägyptische Gottesvorstellungen, Darmstadt 1971.
    • 16
      Vgl. z. B. Rudhardt, Jean, Considérations sur le polythéisme, in: RThPh 16 (1966), 353–364.
    • 17
      Vgl. Marquard, Udo, Lob des Polytheismus. Über Monomythie und Polymythie, in: Poser, Hans (Hrsg.), Philosophie und Mythos. Ein Kolloquium, Berlin/New York 1979, 40–58; siehe dazu Gladigow, Burkhard, Polytheismus, in: Kippenberg, Hans Gerhard/Riesebrodt, Martin (Hrsg.), Max Webers Religionssystematik, Tübingen 2001, 131–150. Fächerübergreifend äußerst kontrovers diskutiert wurde der vom Ägyptologen und Kulturwissenschaftler Jan Assmann oes-gnd-iconwaiting... postulierte Zusammenhang zwischen dem Polytheismus und Toleranz einerseits, dem Monotheismus und Intoleranz andererseits: Assmann, Jan, Die Mosaische Unterscheidung oder der Preis des Monotheismus, München 2003.
    • 18
      Vgl. Brelich, Polytheismus; der Fokus wurde 1980–2000 in verschiedenen Aufsätzen von Burkhard Gladigow oes-gnd-iconwaiting... weiterentwickelt, z. B. Gladigow, Burkhard, Strukturprobleme polytheistischer Religionen, in: Saec. 34 (1983), 292–304; Gladigow, Burkhard, Polytheismus. Akzente, Perspektiven und Optionen der Forschung, in: ZfR 5 (1997), 59–79.
    • 19
      Vgl. z. B. François, Gilbert, Le polythéisme et l’emploi au singulier des mots ΘΕΟΣ, ΔΑΙΜΩΝ dans la littérature grecque d’Homère à Platon, Paris 1957; Hornung, Der Eine und die Vielen; Rudhardt, Considérations. Fortsetzung und Erweiterung im 21. Jh.: Z. B. Henrichs, Albert, Dionysos. One or Many?, in: Bernabé, Alberto et al. (Hrsg.), Redefining Dionysos, Berlin/Boston 2013, 554–582; Krebernik, Manfred/Oorschot, Jürgen van (Hrsg.), Polytheismus und Monotheismus in den Religionen des Vorderen Orients, Münster 2002; Porter, Barbara N. (Hrsg.), One God or Many? Concepts of Divinity in the Ancient World, Maine 2000; Smith, Mark, The Origins of Biblical Monotheism. Israel’s Polytheistic Background and the Ugaritic Texts, Oxford 2001; Versnel, Henk, Ter Unus. Isis, Dionysos, Hermes. Three Studies in Henotheism, Leiden/Boston/Köln 1998; Versnel, Henk, Coping with the Gods. Wayward Readings in Greek Theology, Leiden/Boston 2011.
    • 20
      Vgl. Ahn, Gregor, „Monotheismus“ – „Polytheismus“. Grenzen und Möglichkeiten einer Klassifikation von Gottesvorstellungen, in: Dietrich, Manfried/Lorenz, Oswald (Hrsg.), Mesopotamica – Ugaritica – Biblica. Festschrift für Kurt Bergerhof zur Vollendung seines 70. Lebensjahres am 7. Mai 1992, Neukirchen-Vluyn 1993, 1–24, 16–18; Berner, Ulrich, Art. Polytheismus, in: TRE 27 (1979), 35–39, 36–38.
    • 21
      Vgl. z. B. Hornung, Der Eine und die Vielen; Krebernik/Oorschot, Polytheismus; Mitchell, Stephen/Van Nuffelen, Peter (Hrsg.), Monotheism between Pagans and Christians in Late Antiquity, Leuven/Walpole 2010; Mitchell, Stephen/Van Nuffelen, Peter (Hrsg.), One God. Pagan Monotheism in the Roman Empire, Cambridge/New York 2010; Smith, Origins.
    • 22
      Vgl. z. B. Pironti, Gabriella, Schêmat’ Olympou? De la société des dieux aux configurations de puissances divines, in: Bonnet, Corinne et al. (Hrsg.), Puissances divines à l’épreuve du comparatisme. Constructions, variations et réseaux relationnels, Brepols 2017, 89–105; zum Umgang mit fremden Göttern vgl. Parker, Robert, Greek Gods Abroad. Names, Natures, Transformations, Berkeley 2017; Smith, Mark, God in Translation. Deities in Cross-Cultural Discourse in the Biblical World, Tübingen 2008. Zu Namen siehe neben Gladigow, Burkhard, Götternamen und Name Gottes. Allgemeine religionswissenschaftliche Aspekte, in: Stietencron, Heinrich von (Hrsg.), Der Name Gottes, Düsseldorf 1975, 13–33, besonders Bonnet, Corinne/Galoppin, Thomas et al. (Hrsg.), Divine Names on the Spot. Towards a Dynamic Approach of Divine Denominations in Greek and Semitic Contexts, Leuven/Paris/Bristol 2021; Bonnet, Corinne/Galoppin, Thomas et al. (Hrsg.), Naming and Mapping the Gods in the Ancient Mediterranean. Spaces, Mobilities, Imaginaries, Berlin 2022; Palamidis, Alaya/Bonnet, Corinne (Hrsg.), What’s in a Divine Name? Religious Systems and Agency in the Ancient Mediterranean, Berlin/Boston 2024.
    • 23
      Vgl. z. B. Chaniotis, Angelos, Megatheism. The Search for the Almighty God and the Competition of Cults, in: Mitchell, Stephen/Van Nuffelen, Peter, One God, 112–140; Rüpke, Jörg, Wie funktioniert Polytheismus? Götter, Bilder, Reflexionen, in: Mediterraneo Antico 15 (2012), 233–246.
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