1. Begriffsbestimmung
Mit „Katholizismus“ wird vor allem seit dem 19./20. Jahrhundert die konkrete, geschichtliche Ausdrucksform des katholischen Glaubens bzw. der katholischen Tradition in bestimmten nationalen, kulturellen und sozialen Kontexten bezeichnet. Damit wird bereits deutlich, dass der für das Verständnis des Katholizismus grundlegende Begriff des „Katholischen“ meistens als Bezeichnung einer bestimmten christlichen Konfession (in Abgrenzung zu „evangelisch“, „orthodox“ usw.) verstanden wird. Dabei leitet sich der Begriff ursprünglich vom griechischen Begriff „καϑολικός“ ab und bezeichnet die Aspekte von Ganzheit und Vollständigkeit bzw. von Universalität und Allgemeinheit. Der Begriff des „Katholischen“ wird bereits seit dem 2. Jahrhundert auf die Kirche bezogen.
2. Katholisch als Wesensmerkmal
Das Konzil von Konstantinopel (381) spricht in seinem Glaubensbekenntnis von der „einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche“ (DH 150),1DH steht als Abkürzung für die von Heinrich Denzinger und Peter Hünermann zusammengetragene Sammlung der wichtigsten Glaubensbekenntnisse und Lehrtexte der katholischen Kirche (vgl. Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen (= Enchiridion symbolorum definitionum et declarationum de rebus fidei et morum), verbessert, erweitert, ins Deutsche übertragen und unter Mitarbeit von Helmut Hoping hrsg. von Peter Hünermann, Freiburg i. Br. 452017). wobei „katholisch“ hier im Ursprungssinn mit „allumfassend“ bzw. „für alle“ übersetzt werden kann. Es lassen sich zwei theologische Bedeutungsebenen unterscheiden: eine quantitative (1) und eine qualitative (2).
- Die quantitative Bedeutungsebene verweist auf den universalen Heilswillen Gottes. Dieser universale Heilswille ist nicht nur in der Gutheit der Schöpfung ausgedrückt (Gen 1[1] Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. [2] Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis lag auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser.[3] Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. [4] Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis [5] und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag.[6] Und Gott sprach: Es werde eine Feste zwischen den Wassern, die da scheide zwischen den Wassern. [7] Da machte Gott die Feste und schied das Wasser unter der Feste von dem Wasser über der Feste. Und es geschah so. [8] Und Gott nannte die Feste Himmel. Da ward aus Abend und Morgen der zweite Tag.[9] Und Gott sprach: Es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an einem Ort, dass man das Trockene sehe. Und es geschah so. [10] Und Gott nannte das Trockene Erde, und die Sammlung der Wasser nannte er Meer. Und Gott sah, dass es gut war. [11] Und Gott sprach: Es lasse die Erde aufgehen Gras und Kraut, das Samen bringe, und fruchtbare Bäume, die ein jeder nach seiner Art Früchte tragen, in denen ihr Same ist auf der Erde. Und es geschah so. [12] Und die Erde ließ aufgehen Gras und Kraut, das Samen bringt, ein jedes nach seiner Art, und Bäume, die da Früchte tragen, in denen ihr Same ist, ein jeder nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war. [13] Da ward aus Abend und Morgen der dritte Tag.[14] Und Gott sprach: Es werden Lichter an der Feste des Himmels, die da scheiden Tag und Nacht. Sie seien Zeichen für Zeiten, Tage und Jahre [15] und seien Lichter an der Feste des Himmels, dass sie scheinen auf die Erde. Und es geschah so. [16] Und Gott machte zwei große Lichter: ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch die Sterne. [17] Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, dass sie schienen auf die Erde [18] und den Tag und die Nacht regierten und schieden Licht und Finsternis. Und Gott sah, dass es gut war. [19] Da ward aus Abend und Morgen der vierte Tag.[20] Und Gott sprach: Es wimmle das Wasser von lebendigem Getier, und Vögel sollen fliegen auf Erden unter der Feste des Himmels. [21] Und Gott schuf große Seeungeheuer und alles Getier, das da lebt und webt, davon das Wasser wimmelt, ein jedes nach seiner Art, und alle gefiederten Vögel, einen jeden nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war. [22] Und Gott segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und mehret euch und erfüllet das Wasser im Meer, und die Vögel sollen sich mehren auf Erden. [23] Da ward aus Abend und Morgen der fünfte Tag.[24] Und Gott sprach: Die Erde bringe hervor lebendiges Getier, ein jedes nach seiner Art: Vieh, Gewürm und Tiere des Feldes, ein jedes nach seiner Art. Und es geschah so. [25] Und Gott machte die Tiere des Feldes, ein jedes nach seiner Art, und das Vieh nach seiner Art und alles Gewürm des Erdbodens nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war.[26] Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. [27] Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau. [28] Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht. [29] Und Gott sprach: Sehet da, ich habe euch gegeben alle Pflanzen, die Samen bringen, auf der ganzen Erde, und alle Bäume mit Früchten, die Samen bringen, zu eurer Speise. [30] Aber allen Tieren auf Erden und allen Vögeln unter dem Himmel und allem Gewürm, das auf Erden lebt, habe ich alles grüne Kraut zur Nahrung gegeben. Und es geschah so. [31] Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut. Da ward aus Abend und Morgen der sechste Tag.Zur Bibelstelle), sondern kommt auch in der Botschaft des Neuen Testaments zum Ausdruck (1Tim 2,3f.[3] Dies ist gut und wohlgefällig vor Gott, unserm Heiland, [4] welcher will, dass alle Menschen gerettet werden und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.Zur Bibelstelle). Die grenzenlose Zuwendung Gottes wird erfahrbar in der Lebenspraxis Jesu Christi, der niemanden von der Liebe Gottes ausschließt, insbesondere nicht diejenigen, die von der Gesellschaft ausgegrenzt oder missachtet werden. Die Zuwendung Gottes gilt unbedingt und für alle. Die Vermittlung dieser unbedingten Zuwendung Gottes an alle Menschen ist der wesentliche Auftrag der Kirche, die in diesem Sinn katholisch ist.
- Die qualitative Bedeutungsebene hat die Fülle des Heils im Blick, die durch die Kirche vermittelt wird. Die alle Menschen einschließende Liebe, die durch Jesu Christi Verkündigung, sein Wirken, Sterben und seine Auferweckung zum Ausdruck kommt, ist auch heute noch im geistgewirkten Handeln der Kirche erfahrbar. Deswegen bezeichnet das Zweite Vatikanische Konzil (1962–65) die Kirche als „Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit“ (Lumen Gentium 1).2Bei Lumen Gentium („Dogmatische Konstitution über die Kirche“) handelt es sich um eine der vier großen Konstitutionen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–65). Alle Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils sind hier abrufbar: https://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/index_ge.htm, abgerufen am 06.04.2025). Weil es das Wesen der Kirche ausmacht, die vollkommene Liebe Gottes zu bezeugen, zu verkünden, zu feiern und zu leben, wird sie als katholisch bezeichnet. Hier spiegeln sich auch die drei Grundvollzüge der Kirche: der Gottesdienst (leiturgia), der Dienst am Nächsten (diakonia) (vgl. Art. Diakonie) und das Glaubenszeugnis (martyria).
Katholizität im quantitativen wie im qualitativen Sinn gehört neben der Einheit, Heiligkeit und Apostolizität also zu den Wesensmerkmalen der Kirche (lateinisch: notae ecclesiae; vgl. auch Lumen Gentium 8). Diese Wesensmerkmale sind normative Selbstbeschreibungen der Kirche, d. h., dass wir es hier mit dem theologischen Selbstverständnis der Kirche zu tun haben, das zu unterscheiden (wenn auch nicht zu trennen) ist von einer historisch-soziologischen Beschreibung der Kirche in ihrer konkreten Gestalt (siehe hierzu auch die gegenwärtigen Herausforderungen unten).
3. Historisch-theologische Begriffsentwicklung
Im Einklang mit dem bereits zitierten Nizäno-Konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnis (Großes Glaubensbekenntnis) bekennen alle christlichen Konfessionen die Katholizität der Kirche im oben beschriebenen Sinn.
Weiterführende Infos
Der ganze Text sowohl des Apostolischen als auch des Nizäno-Konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnisses sowie Erläuterungen zu den Bekenntnissen finden sich hier: Schick, Ludwig, So beten Sie das Glaubensbekenntnis. Gedanken von Erzbischof Ludwig Schick zum Credo, 21.12.2015 (https://www.katholisch.de/artikel/6564-das-glaubensbekenntnis), abgerufen am 06.04.2025.
Im Laufe der Kirchengeschichte wurde der Begriff der Katholizität dann immer stärker verwendet, um die Rechtgläubigkeit (Orthodoxie) der sich über die ganze Welt ausbreitenden Institution Kirche zum Ausdruck zu bringen. Damit bekommt der Begriff schon in frühchristlicher Zeit eine abgrenzende Zusatzbedeutung insofern aus Sicht der Institution Kirche nur das katholisch ist, was mit der kirchlichen Lehre übereinstimmt. Die Kirche sowohl im Osten wie im Westen des Römischen Reiches grenzt sich zunächst von sogenannten Irrlehren (Häresien) ab, um sich ihrer eigenen Identität zu vergewissern. Sie beruft sich hierbei insbesondere auf das theologische Kriterium der Apostolizität. Mit diesem Wesensmerkmal (s. o.) wird der Anspruch zum Ausdruck gebracht, dass die Kirche nicht nur überall und für alle (Katholizität), sondern auch immer schon (seit der Zeit der Apostel, in deren Nachfolge die Bischöfe stehen; successio apostolica) die Botschaft Jesu Christi recht verkündet hat. Der Kirchenvater Vinzenz von Lérins (gest. vor 450) formuliert diese theologische Beschreibung des Katholischen so: im eigentlichen Sinn katholisch ist das, „was überall, was immer, was von allen geglaubt wurde“.3Vinzenz von Lérins, Commonitorium 2,5, in: ders., Commonitorium. Mit einer Studie zu Werk und Rezeption hrsg. u. komm. v. Michael Fiedrowicz. Übers. v. Claudia Barthold, Fohren-Linden 2020, 187.
Im Zuge des Mittelalters tritt immer stärker die Figur des römischen Bischofs, also des Papstes, in den Vordergrund, der als Garant der Einheit der lateinischen Kirche fungiert. Damit wird die „katholische Kirche“ zunehmend mit der „römisch-katholischen Kirche“ identifiziert. Dies wird besonders deutlich in der Zeit der großen Kirchenspaltungen. Als Folge der Reformation im 16. Jahrhundert fungiert die Bezeichnung „katholische Kirche“ spätestens seit dem 19. Jahrhundert in erster Linie als Konfessionsbegriff, um die Identität nach Innen zu bestimmen und sich von den protestantischen bzw. reformierten Kirchen nach Außen abzugrenzen (besondere Bedeutung bei der Identitätsbildung der Kirche hat das Konzil von Trient, 1545–63).
4. Die Institution Katholische Kirche
Die „Katholische Kirche“ (im konfessionellen Sinn) besteht aus Ortskirchen, die jeweils von einem Bischof geleitet werden. Über das Kollegium der Bischöfe stehen die Ortskirchen mit dem Papst in Einheit. Weitere Momente der Einheit sind das gemeinsame Glaubensbekenntnis sowie die sieben Sakramente, wobei die Eucharistie die zentrale Rolle einnimmt. Zu der katholischen Kirche gehören auch die mit Rom unierten, d. h. den Primat des Papstes anerkennenden, Kirchen des Ostens. Die römisch-katholische Kirche und die mit Rom unierten Kirchen unterscheiden sich in erster Linie durch unterschiedliche liturgische Riten (vgl. Art. Liturgie), d. h. durch die Gebete und rituellen Vollzüge, die im Gottesdienst genutzt werden. Während die römisch-katholische Kirche dem römischen bzw. lateinischen Ritus folgt, feiern die unierten Ostkirchen nach dem byzantinischen, syrischen, alexandrinischen oder armenischen Ritus.
Weiterführende Infos
Zur Organisation der katholischen Kirche im konfessionellen Sinne finden sich weitere Informationen hier: https://www.dbk.de/katholische-kirche/aufbau, abgerufen am 06.04.2025.
Eine Übersicht zu den mit Rom unierten Kirchen des Ostens findet sich hier: https://www.pro-oriente.at/ostkirchen/katholische-ostkirchen-einleitung, abgerufen am 06.04.2025.
5. Gegenwärtige Herausforderungen
Im Zuge des Aufbruchs der Ökumenischen Bewegung im 20. Jahrhundert und im Kontext des Zweiten Vatikanischen Konzils nimmt die Institution Kirche wieder stärker ihre Aufgabe als Kirche „für alle“ wahr (bspw. Lumen Gentium 13). Vor diesem Hintergrund ergeben sich unterschiedliche Herausforderungen für die katholische Kirche. An diesen Herausforderungen lässt sich auch erkennen, dass die konkrete Gestalt der katholischen Kirche zuweilen in Konflikt steht mit der theologisch-normativen Bestimmung von katholisch.
- In der Kirchenkonstitution „Lumen Gentium“ des Zweiten Vatikanischen Konzils heißt es in Kapitel 8: „Dies ist die einzige Kirche Christi, die wir im Glaubensbekenntnis als die eine, heilige, katholische und apostolische bekennen. […] Diese Kirche, in dieser Welt als Gesellschaft verfasst und geordnet, ist verwirklicht [subsistit in] in der katholischen Kirche, die vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird.“ Dieser Satz wird bis heute viel diskutiert, da sich die Frage stellt, ob mit der Formulierung des „subsistit in“ eine Identifikation zwischen der wahren Kirche Christi und der (römisch-)katholischen Kirche vermieden oder gerade zum Ausdruck gebracht werden soll. Eine Identifikation der wahren Kirche Christi mit der Institution „katholische Kirche“ wird gerade in gegenwärtigen ökumenischen Diskursen stark infrage gestellt. Sowohl das Dekret „Unitatis redintegratio“ des Zweiten Vatikanischen Konzils wie auch die Enzyklika „Ut Unum Sint“ von Papst Johannes Paul II.
(1995) bringen zum Ausdruck, dass sich die Fülle der Katholizität der Kirche nur in interkonfessioneller Anerkennung und damit in Gemeinschaft mit allen Getauften verwirklichen lässt.
- Auch die Verwendung des Begriffs „katholisch“ ist in ökumenischer Hinsicht komplex. Um deutlich zu machen, dass es bei der Wesenseigenschaft der Katholizität im Glaubensbekenntnis nicht um die römisch-katholische Kirche geht, wird der Begriff „katholisch“ im evangelischen Kontext oftmals durch „christlich “ ersetzt.4So z. B. in der Formulierung des Nizänischen Glaubensbekenntnisses der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) (https://www.ekd.de/glaubensbekenntnis-von-nizaa-konstantinopel-10796.htm), abgerufen am 06.04.2025. Diese Praxis wird vor dem Hintergrund diskutiert, inwiefern der Begriff des „christlichen“ die eigentliche Bedeutung des universalen, allumfassenden Heilswillens Gottes angemessen zum Ausdruck bringen kann. Auch im katholisch-orthodoxen Dialog schillert der Begriff des Katholischen, wenn er nicht eindeutig bestimmt wird. So verstehen sich auch die orthodoxen Kirchen als katholisch, insofern die Fülle des göttlichen Heils in der konziliar verfassten orthodoxen Kirche sichtbar wird.
- Angesichts einer zunehmend von Pluralität, Diversität und Individualität geprägten Gesellschaft, sieht sich die Kirche in gegenwärtigen Debatten immer mehr mit der Herausforderung konfrontiert, ihr Katholisch-Sein inklusiv zu gestalten, d. h. niemanden von der Heilsbotschaft Jesu Christi auszuschließen. Bereits das Zweite Vatikanische Konzil öffnet sich hinsichtlich der interreligiös orientierten Frage, wie mit denjenigen umzugehen ist, die nicht zur römisch-katholischen bzw. allgemein zu einer christlichen Kirche gehören (Lumen Gentium 13–16). Die lateinamerikanische Befreiungstheologie betont den Auftrag der Kirche, sich insbesondere den Armen zuzuwenden. Feministische bzw. gendertheologische (vgl. Art. Queere Theologie) Diskurse weisen auf patriarchale Machtstrukturen innerhalb der Kirche hin und fordern u. a. mit Bezug auf Gal 3,28Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.Zur Bibelstelle eine wirkliche Gleichheit aller in Christus und auf Christi Namen Getauften. Ökotheologische Diskurse (vgl. Art. Klimaethik) machen zudem darauf aufmerksam, dass das Heil Gottes nicht exklusiv der Menschheit zugesprochen wird. Die Gutheit der Schöpfung nimmt auch die Tier- und Pflanzenwelt in den Blick, weshalb Katholizität aus ökotheologischer Sicht bedeutet, in besonderer Weise gegen die Ausbeutung der Umwelt und für einen umfassenden Klimaschutz einzutreten.5Vgl. die Enzyklika „Laudato Si“ von Papst Franziskus, 24.05.2015 (https://www.vatican.va/content/francesco/de/encyclicals/documents/papa-francesco_20150524_enciclica-laudato-si.html), abgerufen am 06.04.2025.
- Verbunden mit der Frage nach der Inklusivität der Kirche in postmodernen Zeiten ist die Entwicklung einer zunehmenden Kirchenferne, gerade in westlichen Gesellschaften.6Vgl. bspw. die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der Evangelischen Kirche in Deutschland in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bischofskonferenz aus dem Jahr 2023: https://kmu.ekd.de/, abgerufen am 06.04.2025. Die Kirche sieht sich so mit der Herausforderung konfrontiert, ihre Botschaft vom unbedingten Heilswillen Gottes auch an diejenigen zu vermitteln, die mit den traditionellen Formen von Kirche nichts mehr anfangen können. Vor diesem Hintergrund diskutieren Kirche und Theologie die Frage, was eigentlich das wahre Wesen der Kirche ausmacht – worin die Identität der Kirche besteht. Wie kann die innerhalb der Kirche gelebte und von außen an sie herangetragene Diversität und Pluralität in Einklang gebracht werden mit der Einheit und der Apostolizität der Kirche? Ein konkreter Ort dieses Diskurses in Deutschland ist der Synodale Weg,7Vgl. https://www.synodalerweg.de/was-ist-der-synodale-weg, abgerufen am 06.04.2025. der von 2019 bis 2023 die Frage nach der Gestalt der katholischen Kirche im 21. Jahrhundert im Wechselspiel von Kontinuität und Veränderung, von Notwendigkeit und Kontingenz, von Vorgabe und selbstbestimmter Aneignung im Angesicht der sogenannten „Zeichen der Zeit“ (Gaudium et Spes 4)8Gaudium et Spes ist die Pastorale Konstitution „Über die Kirche in der Welt von heute“ des Zweiten Vatikanischen Konzils (vgl. Anm. 2). diskutiert.